Chas Freeman war ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister und ehemaliger US-Botschafter.
Kernpunkte seiner Aussagen:
- Er stimmt zu, dass viele der Opfer des 7. Oktobers von der israelischen Armee in Form von „undiszipliniertem Feuer durch Hubschrauber mit Hellfire-Raketen oder durch Panzer mit auf Gebäude gerichteten Brandgeschossen“ getötet wurden. Im Fall der Opfer des Musikfestivals sagt er sogar, dass sie „anscheinend grösstenteils durch Hellfire-Raketen und anderen undisziplinierten Beschuss durch israelische Streitkräfte getötet wurden“. Für ihn ist diese „Schande in militärischer Hinsicht“ auf einen „Mangel an Disziplin und Ausbildung zurückzuführen, die für eine Reaktion erforderlich sind“, aber auch auf die „Hannibal-Anweisung“ der israelischen Armee, die „sagt, dass man israelische Geiseln einfach zusammen mit den Geiselnehmern töten sollte, anstatt über einen Geiselaustausch zu verhandeln.“
- Er sagt, dass „die Hamas mit dem 7. Oktober zwei Ziele hatte“:
1) „Die Frage der palästinensischen Selbstbestimmung wieder auf die globale Tagesordnung setzen“, was ihnen seiner Meinung nach „gelungen“ sei, da sie „weit verbreitete Anerkennung“ hätten ausserhalb Israels, dass nur die Selbstbestimmung Palästinas in Form einer Zwei-Staaten-Lösung Israel Sicherheit geben kann.“ Er sagt, dass selbst „in den USA, wo es eine grössere jüdische Bevölkerung als in Israel gibt, viele Juden erkannt haben, dass dies der Fall ist.“ Vor allem jüngere Juden in den USA sind vom Zionismus sehr desillusioniert und wollen keine Ansteckung erleiden daraus in Form von Antisemitismus, der jetzt durch israelisches Vorgehen tatsächlich wächst.“
2) „Es verschafft der Hamas enorme Popularität bei den Palästinensern, denn sie gilt als standhaft und bereit, eher den Tod als die Gefangenschaft in Kauf zu nehmen.“
Er bezieht sich auf Norman Finkelsteins „Analogie der Sklavenaufstände in den USA“ und insbesondere der „Aufstand von Nat Turner aus dem Jahr 1831, einem gut ausgebildeten, sehr intelligenten versklavten Afrikaner, der einen Sklavenaufstand in Süd-Virginia anführte, dessen Ziel die Ermordung aller Weissen war, denen sie begegneten.“ Finkelstein sagt, es wirft „eine moralische Frage auf: ‚Ist die Gewalt des Sklavenhalters moralisch dasselbe wie die Gewalt des Sklaven, die versucht, diese Gewalt zu beenden?‘. Die gleiche moralische Frage stellt sich bei der israelischen Unterdrückung der Palästinenser im Vergleich zum palästinensischen Widerstand gegen die Unterdrückung."
- Alles in allem kommt er zu dem Schluss, dass die israelische Rache an den Palästinensern, ähnlich wie die Gewalt gegen Afroamerikaner, die auf Sklavenaufstände im 19. Jahrhundert folgte, „in Zukunft niemandem mehr in guter Erinnerung bleiben wird“. Tatsächlich geht er sogar so weit zu sagen: „Wenn die Menschen in der Vergangenheit an Israel dachten, dachten sie, es sei ein Zufluchtsort für die Opfer des Holocaust ... Jetzt werden sie es als die Heimat der Völkermordtäter betrachten. Wenn sie an Israel denken, werden sie an verbrannte Gebäude und tote Babys denken. Das ist ein Imageproblem grundsätzlicher Natur und aus der Sicht Israels entzieht es Israel seinen Schutz durch den Vorwurf des Antisemitismus gegen jeden, der Israel kritisch gegenübersteht. Kritisch gegenüber Menschen zu sein, die Völkermord begehen, kann kein Antisemitismus sein, es kann nicht als unmoralisch angesehen werden. Antisemitismus ist eine verabscheuungswürdige Haltung, aber sich dem Völkermord durch Israel zu widersetzen, ist es nicht.“
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