Monika Berthel am 22.05.2013 um 20:38
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Mit dem BSE-Skandal fing alles an. Es war erst einmal nur der Ekel, vor dem, was man von den Tieren sah und Empörung darüber, Pflanzenfressern Tiermehl als Nahrung zu geben. Rind war also vom Speiseplan gestrichen. Gefolgt von Schweinefleisch, weil ich diese Hormone, von denen berichtet wurde, auch nicht zu mir nehmen wollte. Blieb Geflügel, viel Geflügel. Bis mir dann meine Mutter erzählte, dass den Puten die Oberschnäbel abgeschnitten würden, damit sie nicht hacken können. Da kam dann auf einmal auch das Mitgefühl mit der Kreatur ins Spiel, wobei ich mich schon vorher immer als große Tierfreundin bezeichnet habe. Wie absurd. Die Familie nörgelte, es war jetzt zu kompliziert, wenn ich zum Essen kam. Aber Fisch ging ja noch, Fische fühlen nicht so viel, ließ ich mir einreden, und außerdem kriegt man sonst Mangelerscheinungen, wie man überall nachlesen konnte. Käse, Eier, Milch gab es schließlich auch noch, das hatte „ja nicht wirklich“ was mit Tieren zu tun und außerdem nahm ich Bioeier, also mit dieser schlimmen Haltung hatte ich nichts zu tun, auch wenn ich mich wunderte, wieso die Bioeier bei Aldi so günstig waren ... Inzwischen hörte man immer öfter, dass Fleisch doch nicht nur gesund sein soll, zumindest nicht in großen Mengen. War ich froh! Ich hatte es richtig gemacht, mit meiner Ernährung.
In den letzten zwei oder drei Jahren hörte ich dann häufiger von „diesen Veganern“ – es war absolut undenkbar für mich, auf Milchprodukte zu verzichten, wozu denn auch? Schließlich braucht man das, um gesund zu bleiben, kann man (fast) überall nachlesen. Und – was soll man denn dann überhaupt noch essen??? Trotzdem wurde ich immer wieder mit diesem Thema konfrontiert, was mich zwar nachdenklich machte, aber keine Konsequenzen ziehen ließ, egal wie unwohl mir dabei wurde.
Anfang des Jahres machte ich eine Bekanntschaft im Internet, ein Veganer. Ich habe zwar zugegeben, dass ich diese Ernährungsart für erstrebenswert hielte, aber gleichzeitig auch mit völliger Überzeugung gesagt, dass es für ich vollkommen unmöglich sei, auf Käse & Co. zu verzichten. Ich sei nur nicht ausreichend informiert, wurde mir entgegnet, begleitet mit zwei Links, die mir weiter helfen könnten. Der eine führte mich zu ProVegan, der andere zu einem kleinen Film auf YouTube namens MyStory. Da saß ich dann da und heulte. Auf einmal war ganz klar, egal, wie ich das machen soll, aber zukünftig wollte ich mich vegan ernähren. Lustig fand ich diesen Gedanken nicht, aber ich hatte ja auch noch größere Vorräte an Milchprodukten, die ich noch aufessen wollte. Das ging dann vielleicht noch eine Woche gut, aber der innere Widerwille wurde immer größer. Habe also meine Vorräte genommen, und meine Fleisch & Co. liebenden Nachbarn damit beglückt, ich mochte es einfach nicht mehr essen, aber wegschmeißen auch nicht. Die ersten drei oder vier Tage habe ich regelrecht gebockt, auch wenn es meine freiwillige Entscheidung war. Ich wollte meine Fertigpizza! Keine Arbeit damit, einfach in den Ofen und lecker.
Dann wurde ich neugieriger, fing an „richtig“ zu kochen, hatte Spaß am Experimentieren, etwas völlig Neues für mich, wo ich das Kochen doch eher als Last empfunden habe. Mir fiel auf, dass mein Frühstückstisch irgendwie bunter und abwechslungsreicher wurde, meine Geschmacksnerven schienen mir ebenfalls völlig verändert, ich hatte das Gefühl, mehr und feiner zu schmecken, auch mehr riechen zu können. Von den positiven Auswirkungen auf meine Psyche ganz zu schweigen. Es ging mir nie so gut wie heute. Und das ging alles sehr schnell, innerhalb weniger Wochen. Es ist, als wenn einem eine Last genommen wurde. Es ist wunderbar, sich nicht mehr mitschuldig zu fühlen, an diesem Leid, das angerichtet wird. Ich glaube, dass auch das wenige Wissen, das die meisten Leute haben, im Unterbewusstsein schwelt und Unheil anrichtet, dass die Angst, die man mit isst, an Körper und Seele krank machen. Mir ist der angebliche Unterschied völlig abhanden gekommen, dieser angebliche Unterschied zwischen Mensch und Nichtmensch.
Es ist nicht immer bequem, vegan zu leben, weil man je nach Lebensraum noch viel Unverständnis entgegentritt, weil man oft „anders“ ist. Für mich war es am Anfang schwer, den richtigen Ton bei meinen Rechtfertigungen, warum ich denn jetzt wie ein Karnickel esse, zu finden. Sicher, Leute, die auf ihrer Meinung beharren, finden sich viele, aber auch eine Menge, die interessiert sind, mehr, als ich geglaubt habe. Und wenn ich sogar hier, in einem Zweihundert-Seelen-Ort, eine Gleichgesinnte gefunden habe und mehr offene Ohren, als ich mir vorstellen konnte, kann ich nur sagen: Wir werden immer mehr, das macht Mut und Hoffnung. Die Umstellung ist einfach, viel einfacherer, befreiender und lohnender, als ich mir habe je träumen lassen.
Herzlich, vegane Grüße
Monika Berthel
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