«Wie viele Litauer:innen glaubt auch Neringa: Wenn die Ukraine fällt, könnten sie die Nächsten sein.»
«Die Menschen haben sich vom Westen im Stich gelassen gefühlt, als die Sowjets das Land nach dem Zweiten Weltkrieg überfielen. Litauische Partisanen kämpften im Wald gegen die Sowjets, verteidigten das Land und baten die USA, zu helfen. Aber niemand kam. Wir kennen also dieses Gefühl, auf Hilfe zu warten. Für uns Litauer war daher sofort klar: Wir helfen der Ukraine. Es sind unsere Brüder und Schwestern, die dort sterben. Sie kämpfen für uns.»
«Meine Freunde und ich waren immer sehr linksorientiert, haben Bücher über Feminismus und Marxismus gelesen. Wir sprachen darüber, wie verrottet das kapitalistische System ist. Aber erst jetzt verstehe ich, was es für eine Freiheit ist, sich überhaupt über ein System beschweren zu können, zu protestieren – ohne dafür in Haft zu landen. Als mir klar wurde, dass die Russen Krieg führen gegen alles, wofür wir stehen und woran wir glauben, hat sich viel für mich verändert. Ich schätze es, in einer Gesellschaft leben zu können, in der man Kritik äußern darf. Und jetzt wird das alles bedroht.»
«Vor dem Krieg war ich Pazifistin, jetzt nicht mehr. Es geht vielen so in meiner Generation. Die meisten meiner Freunde sind bereits einer paramilitärischen Organisation hier in Litauen beigetreten, wo sie an Wochenenden lernen, wie man kämpft und sich verteidigt. Auch ich habe gleich zu Beginn des Kriegs die Unterlagen zur Anmeldung angefordert.»
«Für mich war auch dieser Brief einiger deutscher Intellektueller und Künstler sehr schmerzhaft zu lesen, in dem sie der Ukraine eine Kapitulation nahelegen. Diese Leute verstehen nicht, wofür die Ukrainer kämpfen: für ihr Land, ihre Existenz, ihre Identität.»
«Du kannst nur Pazifistin sein, wenn du nicht bedroht wirst, wenn dich niemand vergewaltigen, dein Land angreifen, deine Existenz zerstören will. Wenn du wirklich verstehen willst, wie es hier ist, musst du den Ukrainern zuhören.»
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