DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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Richter Thomas Barisic: «In Bezug auf die Corona-Maßnahmen und deren rechtliche Bewertung habe ich allerdings erhebliche Zweifel, ob die meisten hiervon mit dem Grundgesetz vereinbar sind.»

«Insbesondere die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt auf der Grundlage von Annahmen, die nicht mehr zutreffen. Wir haben daher massive Zweifel an der Rechtmäßigkeit vieler Maßnahmen.»

 

«Das Bundesverfassungsgericht soll Hüter der Verfassung sein. Es soll die Verfassung bewahren und Gesetze an diesem Maßstab überprüfen. Daher gebe ich Ihnen vollkommen Recht, es mutet äußerst seltsam an, dass wir ein Gericht haben, das im Moment über die elementarsten Fragen von Leben und Beruf entscheiden soll und dies überwiegend einfach ablehnt. Ohne Begründung. Aus meiner Sicht ist es in einer Situation wie der heutigen verheerend, in der wir gesetzgeberische Entscheidungen erleben, die massiv in das Leben von Menschen eingreifen – siehe beispielsweise die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Dass dann eine Verfassungsbeschwerde, die mit sehr viel Mühe, Einsatz und mitunter viel Geld erhoben wird, mit einem Dreizeiler beantwortet werden darf, erstaunt. Wir reden ja nicht über irgendwelche Naturschutzgebiete, Windräder oder ähnliches, bei denen die individuelle Betroffenheit manchmal fraglich ist. Wir reden hier darüber, dass vielen Menschen durch politische Maßnahmen und Gesetze die Erwerbsgrundlage entzogen wird.»

 

«Ich habe den Eindruck, dass sich die Rechtsprechung in Sachen Corona ein Stück weit entkoppelt hat vom wahren Leben. Wir dürfen eines nicht vergessen: Urteile werden im Namen des Volkes gesprochen. Man darf auch eine Minderheit des Volkes nicht so vor den Kopf stoßen.»

 

«Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. April zur „einrichtungsbezogenen Nachweispflicht“ krankt im Wesentlichen an drei Stellen. Das fängt bei dem Umstand an, dass es keine mündliche Verhandlung gegeben hat, obwohl dies angesichts der politischen und auch menschlichen Brisanz des Themas geboten gewesen wäre. Insofern teile ich die Auffassung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Lipinski.»

 

«Weiter unterlässt das höchste Gericht eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem faktischen Dilemma, dass die Impfung bereits statistisch dazu führt, dass Menschen an den Folgen der Impfung sterben werden. Hier hätte das Gericht sich zwingend mit der eigenen Rechtsprechung aus 2006 zum Flugsicherheitsgesetz und den dort entwickelten Grundsätzen auseinandersetzen müssen. Damals betonte das Gericht ein Verbot, den Menschen zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu machen. Im jüngsten Beschluss wird diese Problematik weitestgehend ausgeblendet, obwohl eine vertiefte Auseinandersetzung sich geradezu aufdrängt. Der Beschluss gibt dem Gesetzgeber im Grunde eine Art Freifahrtschein für unklare Lagen an die Hand, indem das Bundesverfassungsgericht die Prüfung der Verhältnismäßigkeit anhand einer bloßen Vertretbarkeitskontrolle genügen lässt. Eine vertiefte Auseinandersetzung unterbleibt.»

 

«Schließlich geht das Gericht aus unerfindlichen Gründen noch immer davon aus, dass die Impfung einen relevanten Fremdschutz bietet. Diese pauschale Annahme widerspricht zahlreichen Stimmen aus der Wissenschaft beziehungsweise setzt sich nicht mit ihnen auseinander.»

 

«Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht führt statistisch sicher zu Todesfällen. Diese aber wären nicht gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung aus dem Jahr 2006 zum Luftsicherheitsgesetz der Tötung unschuldiger Menschen eine klare Absage erteilt. Die Tötung der einen Gruppe von Menschen zur Rettung einer anderen Gruppe ist durch nichts zu rechtfertigen und damit rechtswidrig. Für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht und die damit einhergehende Tötung einiger Menschen kann nichts anderes gelten.»

 

«Heute wissen wir, dass das Gesundheitssystem nie auch nur an den Rand eines Kollapses gekommen ist. Wir wissen, dass es in den letzten beiden Jahren eine spürbare Unterbelegung der Krankenhäuser gab, 2020 wurden meines Wissens etwa 21 Krankenhäuser sogar geschlossen. Man muss diese Dinge doch in Betracht ziehen bei der Frage, ob die Begründung von früheren Entscheidungen auch heute immer noch tragfähig ist. Es ist der Kernbereich richterlicher Tätigkeit. Wenn ich als Richter über Sachverhalt zu entscheiden habe und mir Fachkenntnis fehlt, dann muss ich den entsprechenden Sachverstand extern einholen. Ein Richter ist kein Mediziner, auch kein Virologe. Es müssen Experten gehört werden, die sich damit auskennen. Und das muss dann auch die Grundlage sein, auf der ich später entscheide. Das passiert aber im Hinblick auf die Corona-Maßnahmen absolut unzureichend.»

 

«Ohne eigene konkrete Betroffenheit – etwa weil man aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen kann oder eine Covid-Impfung ablehnt – wird man sich zumeist mit dem Blick in die Leitmedien begnügen und schauen, was ARD und ZDF sagen und was in der Tagesschau berichtet wird. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Corona-Maßnahmen fand dort nach meiner Wahrnehmung bislang kaum statt. Erst in jüngster Zeit gibt es auch derartige Berichte, unter anderem über teilweise schwere Nebenwirkungen der Impfung. Wenn man als Bürger erlebt, dass trotz der zunehmenden Zweifel an den Corona-Maßnahmen und der Impfstrategie weiterhin stur am Kurs festgehalten wird, dann sollte uns das alle zum Nachdenken bringen. Und wenn Sie dann berechtigte Zweifel haben, durch die Maßnahmen konkret betroffen sind, Rechtsschutz suchen, dieser Rechtsschutz aber mit der seit zwei Jahren immer gleichen Begründung, ohne den Sachverhalt wirklich aufzuklären, verwehrt wird, ist das Vertrauen einer Vielzahl von Menschen in den Rechtsstaat besorgniserregend nachhaltig beschädigt.»

 

«Es gab im April 2021 am Amtsgericht Weimar einen Beschluss eines Familienrichters, mit dem zwei Weimarer Schulen untersagt wurde, den Schülerinnen und Schülern vorzuschreiben, Mund-Nasen-Bedeckungen aller Art (insbesondere qualifizierte Masken wie FFP2-Masken) zu tragen. Grundlage für die Entscheidung waren mehrere Sachverständigengutachten, die das Gericht zuvor eingeholt hatte. Damit hat das Gericht genau das getan, was es soll: Es hat den Sachverhalt erforscht. Es hat Sachverständige an Bord genommen, Gutachten eingeholt und auf Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse eine Entscheidung getroffen. Es gab sofort viel Kritik an der Entscheidung. Es wurden mehrere Strafanzeigen erstattet, unter anderem wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung. Eine dieser Strafanzeigen kam nach meiner Kenntnis gar aus den Reihen der Politik in dem betreffenden Bundesland. Im Zuge der Ermittlungen kam es dann sogar zu Durchsuchungsmaßnahmen unter anderem bei diesem Richter. Andere Richter werden es sich im Anschluss gut überlegt haben, ob sie gegen so genannte feststehende Grundsätze oder Erkenntnisse entscheiden.»

 

«Auch Richter und Staatsanwälte sind Menschen. Auch wir sind nicht gefeit vor so einer Angst-Spirale. Ich habe verschiedene Gespräche mit Kollegen geführt, wo ich vorsichtig vorgefühlt habe, ob diese Wahrnehmung der Pandemie, die wir im April 2020 hatten, mit möglicherweise Millionen von Toten, immer noch dieselbe ist. Und da kommt ganz oft, beinahe reflexartig, die Rechtfertigung: Ja, willst du denn Leben gefährden?»

 

«Wir müssen einfach den gesunden Menschenverstand einschalten und überlegen: Was wissen wir über die letzten zwei Jahre? Was wissen wir über die Gefahren? Welche Zahlen haben wir? Da liegt sehr viel auf dem Tisch. Was ist in anderen Ländern passiert? Herr Lauterbach hatte neulich wohl wieder gesagt, die Zahlen in Schweden seien alle ganz furchtbar. Aber die Tatsachen sehen völlig anders aus

 

https://multipolar-magazin.de/artikel/rechtsprechung-vom-leben-entkoppelt