«Während in Europa immer mehr Pestizide verboten werden, machen deutsche Firmen mit ihnen in Argentinien gute Geschäfte. Als Kinder an Krebs starben, haben sich die Mütter des Ortes Ituzaingó zusammengeschlossen, um gegen die Anbaumethoden zu kämpfen.»
«Es gibt ein Gesetz in Córdoba, das verbietet, neben Gewässern Pestizide anzuwenden. Aber sie machen es trotzdem.»
«Ich habe 50 Meter von einem Soja-Feld entfernt gewohnt», sagt sie. «Sie haben mit Pestiziden gesprüht, und jedes Mal, wurden die Kinder krank. Meine Tochter ist an einer Nierenfehlbildung gestorben. Den Tod des eigenen Kindes nimmt man nicht einfach so hin. Also habe ich nachgeforscht, was hier passiert. Viele Kinder in der Nachbarschaft haben Masken getragen, weil sie Leukämie hatten, und die Mütter Kopftücher wegen der Chemotherapie.»
«Nach einem jahrelangen Kampf erreichten die Frauen vor Gericht, dass Pestizide nur zweieinhalb Kilometer entfernt von Wohnhäusern eingesetzt werden dürfen. Zwei Männer wurden zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel auf die Bewohner des Viertels Ituzaingó gesprüht hatten. Zu dem Zeitpunkt gab es bereits 142 Krebstote im Viertel. Das war 2012.»
«2016 bahnte der Bayer-Konzern den Kauf des Unternehmens an – inzwischen hat der Leverkusener Chemie-Riese den Namen Monsanto abgelegt. Geblieben ist der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat und das riesige Geschäft in Argentinien: Jährlich werden hier über 200 Millionen Liter versprüht, damit ist Argentinien das Land mit dem höchsten Glyphosat-Verbrauch pro Einwohner weltweit. Und auch mit gentechnisch verändertem Soja macht Bayer gute Gewinne.»
«84 Prozent gehen in den Export: als Bohne, Schrot, Öl oder Biodiesel. Während Sojabohnen und Soyaöl nach China exportiert werden, landet der Sojaschrot in Europa in den Futtertrögen in der Massentierhaltung.»
«Dieses Modell des Agrobusiness, das von genmanipuliertem Saatgut und Agrargiften abhängt, startete mit zwei Versprechen», sagt Menschenrechtsanwalt Marcos Filardi. «Erstens sei diese neue Technologie notwendig, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen, und Argentinien müsse dazu einen Beitrag leisten. Das ist ein Mythos, denn der Hunger in der Welt hat nicht abgenommen, sondern sogar zugenommen. Das zweite Versprechen war, dass der Einsatz von Agrargiften abnehmen würde. Aber auch das war ein Mythos, denn er hat seit 1996 um 1500 Prozent zugenommen.»
«Vier transnationale Unternehmen kontrollieren derzeit den weltweiten Pestizidmarkt. Zwei davon kommen aus Deutschland: Bayer und die BASF. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat ausgerechnet, dass die beiden Konzerne rund die Hälfte des weltweiten Jahresumsatzes mit Pestiziden erwirtschaften. Während in Europa immer mehr Pestizide verboten werden, verkaufen die Unternehmen sie stattdessen in Lateinamerika.»
«Die Krankheiten und Fehlbildungen tauchen erst Jahre später auf. Wir wurden vergiftet und wir werden weiterkämpfen. Das hier wird nicht aufhören, nur, weil an einem bestimmten Ort nicht mehr mit Pestiziden gesprüht wird. Es wird erst aufhören, wenn die genetisch veränderten Pflanzen aus Argentinien verschwinden.»
Anmerkung: Seit ich mich intensiv mit Pestiziden und ihren verheerenden Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt beschäftigt habe, kaufe ich grundsätzlich nur noch biologisch erzeugte Nahrungsmittel. Man muss sich zwar darüber bewusst sein, dass man den Pestiziden nicht vollständig entkommen kann, auch weil auch in der Biobranche betrogen wird und wahrscheinlich auch das Leitungswasser in einigen Gegenden betroffen ist, aber man sollte zumindest versuchen, so wenig Pestizide abzubekommen wie nur möglich.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/pestizide-auf-sojafeldern-in-argentinien-100.html