Das intellektuelle und moralische Versagen der Presse ist immer wieder erstaunlich. Zwar sind Journalisten in der Regel alles andere als Fachleute auf den Gebieten über die sie schreiben. Aber das Bemühen um Redlichkeit und angemessene Informationsbeschaffung sollte eigentlich selbstverständlich sein.
In diesem Artikel in der WELT versagt die Journalistin Paula Leocadian Pleiss in eklatanter Weise. Direkt zu Beginn ihres Artikels propagiert sie den Fall eines italienischen Kindes mit Herzfehler, das in einem Krankenhaus fast gestorben wäre, weil es angeblich vegan ernährt worden sei:
"Fünf Kilo wog das Kind, als seine Großeltern es ins Mailänder Krankenhaus brachten. So viel, wie ein drei Monate altes Baby normalerweise auf die Waage bringt. Doch der Junge war 14 Monate alt. Er war viel zu leicht, lebensbedrohlich krank. Das Kind hatte schwere Herzprobleme, ihm fehlten Eisen und Kalzium im Blut. Die Ärzte untersuchten es und fanden die Ursache: Der Junge hatte immer nur Obst und Gemüse bekommen, keine zusätzlichen Nahrungsergänzungsmittel. Die Ärzte waren erstaunt, dass er noch lebte. Zwei Wochen ist es her, dass dieser Fall in Italien für Aufregung sorgte."
Obwohl seit spätestens 30. Juni 2016 bekannt ist, dass das Kind gar nicht vegan ernährt wurde (Video aus italienischem Parlament: www.youtube.com/watch?v=FSFT4eDHgL4 ), wiederholt Pleiss noch nach 4 Wochen diese Lüge. Das ist unredlich, ja widerwärtig!
Die Fachkenntnisse von Pleiss sind zudem haarsträubend:
"Klar ist: Wer kein Fleisch isst, muss darauf achten, genügend Vitamin B12, Calcium und andere Nährstoffe zu sich zu nehmen."
Fleisch hat gar nichts mit der Kalziumversorgung zu tun. Fleisch ist sogar dafür verantwortlich, dass der Körper Kalzium vermehrt ausscheidet und dadurch verliert. Die besten Nahrungsmittel für eine gute Versorgung mit Kalzium sind pflanzliche Nahrungsmittel wie zum Beispiel Brokkoli und Sesam. Hoher Milchkonsum schadet übrigens der Knochenfestigkeit entgegen den von der Tierindustrie und ihren Helfern in die Welt gesetzten Lügen, dass Milch starke Knochen mache. Richtig ist lediglich, dass man bei veganer Kost auf die Vitamin-B12-Zufuhr achten sollte.
Und hier lügt Pleiss frech und skrupellos: "Ob eine vegane Ernährung gesund oder ungesund ist, wurde wissenschaftlich bislang nicht abschließend geklärt, die Studienlage ist ziemlich schlecht."
Es ist wissenschaftlich sehr wohl geklärt, dass eine abwechslungsreiche vegane Ernährung mit genügend Vitamin B12 nicht nur gesund ist, sondern sogar die gesündeste Kost ist. Es wurde weiterhin eindeutig geklärt, dass der Konsum von Fleisch, Fisch, Milch und Eiern mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden ist und dass Tierprodukte für etwa 92 % aller kanzerogenen Gifte in Nahrungsmitteln verantwortlich sind.
"Connemann will nun eine Debatte über eine verpflichtende Ernährungsberatung für Schwangere anstoßen."
Eine Ernährungsberatung für Schwangere ist sicherlich eine gute Sache, auch für Veganerinnen, weil es zu viele vegane Deppen gibt, die auf eine Supplementierung von Vitamin B12 verzichten. Ich befürchte allerdings, dass durch die Ernährungsberater der Tierindustrie von veganer Ernährung abgeraten wird. Aber bei einer objektiven und fairen Beratung ist sie uneingeschränkt zu befürworten.
Die Problematik besteht leider auch darin, dass kaum ein Arzt Kenntnisse in Ernährungsfragen hat. Dies ist nicht Bestandteil des Medzinstudiums. Untersuchungen haben ergeben, dass Ärzte nicht mehr über Ernährung wissen als der Durchschnittsbürger! Somit kann es nicht verwundern, dass auch Ärzte die bekannten Vorurteile, Halbwahrheiten und Unwahrheiten über Ernährung verbreiten. Viele Ernährungsberater und Ernährungswissenschaftler sind zudem finanziell von der Nahrungsmittelindustrie abhängig, so dass auch von hier oftmals keine objektive Beratung zu erwarten ist.
Auch folgende Aussage von Pleiss ist falsch: "Babys nehmen das Vitamin über die Muttermilch auf – allerdings nur, wenn die Mutter genügend B12 im Körper gespeichert hat."
Nach derzeitigem Wissensstand, sind der B12-Speicher der Mutter für das Baby nicht nutzbar. Eine Schwangere muss jeden Tag genügend B12 aufnehmen, damit dem Baby genügend B12 über die Muttermilch zugeführt werden kann.
Abenteuerlich: " Auch andere Mängel können bei veganer Ernährung auftreten. Langkettige Fettsäuren, Vitamin D und Mineralstoffe wie Calcium und Jod müssen ebenfalls in der richtigen Konzentration im Blut sein."
Auch bei omnivorer Ernährung können diese Stoffe fehlen. Natürlich kann bei einer falsch durchgeführten, nicht abwechslungsreichen veganen Ernährung alles Mögliche fehlen. Pleiss ist offensichtlich wie die meisten Journalisten und Ärzte nicht in der Lage, zwischen einer richtig und einer falsch durchgeführten veganen Ernährung zu differenzieren. Wenn man dies nicht kann, dann kommt wie immer, so auch hier, am Ende Unsinn heraus.
Es verwundert also nicht, dass Pleiss zur Untermauerung ihres Unfugs den ahnungslosen Kinderarzt Kahl zitiert: "Es ist eine Respektlosigkeit den Kindern gegenüber, ihnen die Nährstoffe zu verwehren, die sie für die Entwicklung brauchen."
Respektlos verhält sich der Arzt Kahl, indem er bar jeder ernährungswissenschaftlichen Kenntnisse Blödsinn von sich gibt. Kennt der Mann nicht die Studien zu den Gesundheitsgefahren von Tierprodukten? Kennt der Mann nicht die Untersuchungen zum Giftgehalt in Tierprodukten? Weiss der Mann nicht, dass in pflanzlichen Nahrungsmitteln alle Nährstoffe (ausser B12) enthalten sind? Kennt der Mann nicht die Empfehlungen der grössten Ernährungsorganisationen wie zum Beispiel der amerikanischen Gesellschaft für Ernährung AND / ADA zur veganen Ernährung von Schwangeren und Kleinkindern? Ich stelle immer wieder fest, dass gerade diejenigen mit den grössten Kenntnisdefiziten den grössten Unfug von sich geben und den grössten Schaden anrichten.
Das Beispiel von Mareike und ihrer Ärztin ist typisch, aber nichtsdestotrotz skandalös. Was für eine grandiose Falschberatung! Warum informiert sich die Ärztin nicht, bevor sie berät? Das einzig Wichtige, das Mareike in ihrer Schwangerschaft brauchte, war ausser einer abwechslungsreichen veganen Ernährung Vitamin B12! Eine vegane Ernährung enthält reichlich Folsäure, so dass es im Normalfall keiner Supplementierung bedarf. Fischölkapseln sind nicht vegan und enthalten oft die Schadstoffe der Fische. Warum hat diese Ärztin nicht wenigstens vegane Algenkapseln mit Omega-3-Fettsäuren gegeben?
Der wohl einzige vernünftige Satz des Artikels fast zum Schluss: Die Ernährungsberaterin "Edith Gätjen findet die große Besorgnis vieler Ärzte überzogen. Sie ist Ernährungsberaterin am Gießener Institut für alternative und nachhaltige Ernährung und glaubt, dass Schwangere vegan leben können, ohne ihr Kind zu gefährden."
Aber auch diese Aussage ist letztlich haarsträubend, weil sie impliziert, dass eine omnivore Kost für Schwangere gesund sei. Eine gesunde abwechslungsreiche vegane Ernährung ist auch in der Schwangerschaft die gesündeste Kost. Eine Kost kann nicht gesund sein, da für Fleisch, Fisch, Milch und Eier gesundheitliche Nachteile nachgewiesen wurden. Das gilt insbesondere für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder. Und es gilt die Aussage der amerikanischen Ärztekommission PCRM:
„Vegane Ernährung, die keine tierlichen Produkte enthält, ist sogar gesünder als vegetarische Ernährung. Vegane Ernährung enthält kein Cholesterin und sogar weniger Fett, gesättigte Fettsäuren und Kalorien als vegetarische Ernährung, weil sie keine Milchprodukte und Eier enthält. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass die gesundheitlichen Vorteile zunehmen, wenn die Menge der Nahrung aus tierlichen Quellen in der Ernährung verringert wird, was die vegane Ernährung zur gesündesten insgesamt macht.“
www.welt.de/wissenschaft/article157241024/So-gefaehrlich-ist-Veganismus-in-der-Schwangerschaft.html