«Seit rund vierzig Jahren hat jeder Präsident Kolumbiens in Abstimmung mit der US-amerikanischen Anti-Drogen-Behörde DEA auf den gnadenlosen Kampf gegen die Drogen, insbesondere das Kokain gesetzt und dabei auch die Pflanzungen der Kokabauern zu zerstören versucht. Der neu gewählte Gustavo Petro vom Linksbündnis kündigt dagegen eine völlig neue Drogenpolitik an und geht dabei von drei entscheidenden Prämissen aus: Erstens sei nicht die Kokapflanze das Problem, sondern der Drogenhandel. Zweitens müssen nicht die Produktion, sondern der Konsum und die nach wie vor steigende Nachfrage ins Blickfeld kommen. Und drittens hänge der noch immer andauernde «Krieg gegen die Drogen» eng mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen insbesondere des Amazonasgebiets zusammen.»
«Nichts ist heuchlerischer als der Diskurs zur Rettung des Regenwaldes […] Der rettende Wald wird in meinem Land als Feind gesehen, den es zu besiegen gilt, als Unkraut, das es auszurotten gilt. Die Kokapflanze und die Koka-Bauern, die nichts anderes anbauen können, werden verteufelt. Sie [die angesprochenen Machthaber] interessieren sich für mein Land nur, um Gifte in seinen Regenwald zu schütten und seine Männer ins Gefängnis zu stecken.»
«Nicht die Kokabauern und indigenen Völker des Regenwaldes seien die Ursache für den Klimanotstand und den weltweiten Drogenkonsum, sondern die Lebensweise der Menschen in den reichen Industrienationen, die nach wie vor nach Rohstoffen, Soja für die Fleischproduktion und Drogen für die Bewältigung von «Leere und Einsamkeit» rufen. Es sei «die Logik des Wirtschaftens mit dem Ziel, immer mehr zu konsumieren, immer mehr zu produzieren und für einige immer mehr zu verdienen», welche die Klimakatastrophe erzeuge.»
«Das Diktat der Macht hat angeordnet, dass Kokain das Gift ist und verfolgt werden muss, auch wenn es vergleichsweise wenige Todesfälle durch Überdosen verursacht, […] aber gleichzeitig müssen Kohle und Öl geschützt werden, auch wenn ihre Nutzung die gesamte Menschheit auslöschen kann.» Dabei ist das Kokain nur eine Antwort auf den existentiellen Notstand der Menschen, die unter die Räder eines erbarmungslosen Wettbewerbs gekommen sind. «Die Traurigkeit des Daseins, die durch diesen künstlichen Aufruf zu grösserer Konkurrenz erzeugt wird, ist erfüllt von Lärm und Drogen […] Die Krankheit der Einsamkeit lässt sich nicht durch Glyphosat im Regenwald heilen. […] Nicht der Regenwald ist schuld an der Drogensucht, sondern die Irrationalität eurer Weltmacht.»
Anmerkung: Ich gehe sogar noch etwas weiter als Gustavo Petro. Zwar bin ich ein strikter Gegner von Drogen und allen anderen gesundheitsschädlichen Dingen, aber ich bin vehement für die Freigabe und Entkriminalisierung sämtlicher Drogen. Jeder muss die Freiheit haben, sich selbst zu schädigen. Entscheidend für die Gesellschaft ist aber, dass ein Kampf gegen die Drogen nicht zu gewinnen ist und dieser Kampf die organisierte Kriminalität fördert und erblühen lässt. Daher zeugt der Kampf gegen Drogen von einer abgrundtiefen Dummheit, insbesondere auch deshalb, weil man aus der Alkoholprohibition offensichtlich nichts gelernt hat. Die Prohibition hatte keinen positiven Effekt. Ganz im Gegenteil erschuf sie eine organisierte Kriminalität gigantischen Ausmasses.