DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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Kluge Schweizer Analyse der deutschen Kakistokratie: «Ignoranz first, Sachkenntnis second – In Pandemie und Energiekrise triumphiert die Ideologie des starken Staates»

«Entlastungspakete sind in Mode, so auch in Deutschland. Wichtiger wäre eine konsequente Bekämpfung der Inflation, denn nichts macht so zuverlässig arm wie sie. Doch die EU sucht ihr Heil in detailverliebtem Dirigismus.»

 

«Regieren nach dem Prinzip Zauberlehrling. Die Ministerialbürokratie reguliert drauflos, obwohl sie die Wechselwirkungen ihrer Entscheidung nicht überschauen kann. Ignoranz first, Sachkenntnis second. Dies könnte man halbwegs verschmerzen, wenn die Politik aus Fehlern lernen würde. Das aber verweigert sie hartnäckig. Die Ideologie des starken Staates scheint übermächtig. Typisch deutsch ist das nicht, sondern ziemlich verbreitet auf einem Kontinent, der sich sukzessive von marktwirtschaftlicher Ordnungspolitik entfernt. Die Schweiz und einzelne andere Länder sind die Ausnahme, die die Regel bestätigt.»

 

«Die Regierung in Berlin etwa hielt es nicht für nötig, ihre Beschlüsse auf der Grundlage einer evidenzbasierten Medizin zu treffen. Stattdessen: Pi mal Daumen, angereichert mit der persönlichen Risikoabschätzung der Kanzlerin.»

 

«So verfährt auch der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Er neigt zu Horrorszenarien und macht seine spezielle Weltsicht zur amtlichen Politik. Im Vergleich dazu ist die Entstehungsgeschichte der Gasumlage rational und Habeck ein kompetenter Minister.»

 

«Manche Langzeitfolgen des Corona-Regimes offenbaren sich erst allmählich, etwa in einer Zunahme psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen. Genau erfasst sind hingegen die ökonomischen Auswirkungen. Vergleicht man Deutschland mit der Schweiz, die vorsichtiger mit Subventionen wie Freiheitsbeschränkungen hantierte, verzeichnet Deutschland eine höhere Staatsverschuldung und eine langsamere Erholung der Konjunktur – und dies bei einer vergleichbaren Übersterblichkeit.»

 

«Mit anderen Worten: Weniger wäre mehr gewesen. Doch unterdessen regiert in Deutschland wie fast überall in der EU das Grundprinzip des sowjetischen Fünfjahrplans: Viel Staat hilft viel. Zu der Einsicht, dass staatliche Zurückhaltung bessere Resultate bringt, weil sich so die Schwarmintelligenz von Bürgern und Märkten entfalten kann, scheint die Politik unfähig

 

«Die Selbstermächtigung gipfelte im Oster-Lockdown, einem einsamen Beschluss von Angela Merkel und Olaf Scholz. Die Idee, das Land fünf Tage lahmzulegen, endete im Debakel. Bald danach zog sich Merkel ins Privatleben zurück, Scholz macht unverdrossen weiter. Als Bundeskanzler heckte er eine Impfpflicht aus, die schnell von den Ereignissen überholt wurde. Nicht zum ersten Mal hatte Scholz zur – wie er es formulierte – «Bazooka» gegriffen und danebengeschossen

 

«Die staatlichen Reaktionen in der Pandemie und der Energiekrise unterscheiden sich wenig. Bei Covid nahm der Staat (Freiheitsrechte), bei Gas- und Strommangel gibt er (Geld). In beiden Fällen handelt es sich um Dirigismus in Reinkultur.»

 

«Alle sind gleich, aber manche sind ein bisschen gleicher. Auch das ist eine Nebenfolge des staatlichen Dirigismus. Die Umverteilung erfolgt letztlich willkürlich und ist davon abhängig, wer über die stärksten Bataillone und die lauteste mediale Unterstützung verfügt.»

 

«Obwohl Heerscharen von Lobbyisten, angefangen bei den Gewerkschaften, uns einzureden versuchen, die Subventionitis diene der sozialen Gerechtigkeit, ist nichts unwahrer. Umverteilung hat wenig mit Gerechtigkeit, aber sehr viel mit Macht zu tun.»

 

«Umso erstaunlicher, dass die auf Entlastung ihrer Wähler versessenen Politiker das Naheliegendste nicht fordern: eine den Preisanstieg dämpfende Geldpolitik. Wenig würde die Bürger mehr entlasten.»

 

«Die Europäische Zentralbank schreckt jedoch genau davor zurück, weil steigende Zinsen überschuldete Länder wie Frankreich und Italien in die Bredouille bringen. Die überforderte EZB-Präsidentin Christine Lagarde ignorierte erst die Gefahr der Inflation, um sie jetzt kleinzureden. Diese Rücksichtnahme auf die Schuldensünder schlägt aufs Portemonnaie aller Bürger durch. Der schwache Euro verteuert Energieimporte, während die Entlastungspakete die Inflation weiter anheizen.»

 

«So werden die Deutschen unsanft daran erinnert, dass währungspolitische Souveränität ein hohes Gut ist, das sie auf dem Altar der europäischen Einigung geopfert haben. Lange hat ihre Exportwirtschaft vom schwachen Euro ohne grosse Anstrengungen profitiert, nun rächt sich die Bequemlichkeit.»

 

«Detailversessenes Mikromanagement hat auf breiter Front ordnungspolitische Überzeugungen verdrängt. Die Zeche zahlen die Bürger. Sie werden sich noch wundern, wie teuer sie das andauernde Entlasten kommt.»

 

Anmerkung: Eine wirklich kluge Analyse der deutschen Kakistokratie durch den Chefredaktor der NZZ Eric Grujer, die ich vollständig teile. In der Schweiz ist zwar auch nicht alles perfekt, die Analyse zeigt aber sehr gut auf, warum die Schweiz in fast allen Bereichen besser aufgestellt ist als Deutschland, obwohl sich die Menschen und ihre Qualifikationen in beiden Ländern nicht unterscheiden. An der Schweiz schätze ich besonders, dass der Bürger durch die direkte Demokratie der tatsächliche Souverän ist, wohingegen der Bürger in Deutschland zum nahezu machtlosen Befehlsempfänger der Politik und letztendlich der politischen Parteien degradiert wurde. In diesem korrupten Parteiensystem wurde der Aufstieg der schlechtesten Politiker ermöglicht und sogar gefördert, deren Qualifikation auf Opportunismus und Sprücheklopfen beschränkt ist. So konnte die deutsche Kakistokratie zur Perfektion reifen.

 

https://www.nzz.ch/meinung/der-andere-blick/energiekrise-und-entlastungspakete-zu-viel-staatsdirigismus-ld.1701626