DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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«Wale – die unsichtbaren Giganten des Mittelmeers brauchen dringend mehr Schutz»

«Unglaublich, aber wahr: Im Mittelmeer schwimmen Wale, vom 20 Meter langen Pottwal bis zum 24 Meter großen Finnwal. Erst seit kurzem werden die Populationen erforscht.»

 

«In vielen Biopsien von Mittelmeerwalen werden große Mengen Mikroplastik und hohe Konzentrationen an toxischen Chemikalien (PBT), Kunststoffadditiven und Biomarkern (Eiweiße und Hormone) nachgewiesen. Das ist kein Wunder, denn das Mittelmeer gehört zu den am stärksten verschmutzten Gewässern weltweit.»

 

«Mikroplastik wird von den Säugern in großen Mengen direkt oder über ihre Beutetiere aufgenommen und gefährdet ihre Gesundheit. Wenn Wale große Mengen Plastik verschlucken, fehlen ihnen die notwendigen Nährstoffe, außerdem ist es giftig. Bei jedem zweiten gestrandeten Wal fand man mehrere Kilo Plastikmüll im Magen

 

«Zu schaffen macht den Giganten der Meere auch der Lärm: durch die Schifffahrt und Schallkanonen, die bei der seismischen Explorationen von Öl- und Gaslagerstätten eingesetzt und zwischen 18 und 48 mal simultan „abgefeuert“ werden. Der Unterwasserlärm stört nicht nur ihre Kommunikation und hindert sie daran, ihre Beute zu lokalisieren, er kann sie sogar töten.»

 

«Die größte Gefahr droht den Großwalen vom Schiffsverkehr. Er ist mit etwa 220.000 Schiffsbewegungen im nordwestlichen Mittelmeer pro Jahr extrem hoch. „30 Prozent des weltweiten maritimen Verkehrs führt durch das Mittelmeer. Und man geht davon aus, dass er sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren verdoppeln wird“, sagt Camile Loth, Direktorin der WWF Mittelmeer-Initiative. Doppelt ungünstig: Die stark befahrenen Routen überschneiden sich mit den wichtigsten Lebensräumen der Wale und können in den meisten Fällen nicht verlegt werden.»

 

«Am engsten wird es ausgerechnet im nordwestlichen Mittelmeer, im Gebiet zwischen der Côte d’Azur, Monaco, Sardinien und der ligurischen Küste. Hier, im Pelagos-Sanctuary, treffen sich im Sommer rund 70 Prozent der mediterranen Finnwal-Population, etwa 1.200 Tiere, um sich zu paaren und zu fressen. Dazu kommen noch einmal knapp so viele Pottwale.»

 

«Nachdem die Tiere fressen, schwimmen sie nahe der Wasseroberfläche, was die Kollisionsgefahr stark erhöht. So liegt im Pelagos-Schutzgebiet die Zahl der Schiffskollisionen 3,25-mal höher als in anderen Teilen des Mittelmeers. Und viele enden tödlich: Die Hälfte der angestrandeten Wale sind nach einer Kollision mit einem großen Schiff verendet. Insgesamt wird die Zahl der Opfer auf mindestens 40 Wale geschätzt; die Dunkelziffer liegt sehr viel höher. Denn viele Kadaver werden nicht an Land gespült, sondern sinken auf den tiefen Meeresgrund. Angesichts der geringen Populationsgröße sind das dramatische Verluste.»

 

«Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde am 7. Juli 2023 getan: Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO erklärte die Region des Nordwestlichen Mittelmeers (inklusive Pelagos und Migrationskorridor) zum „besonders empfindlichen Meeresgebiet“ (PSSA) und führten die lang geforderte Geschwindigkeitsbegrenzung für große Schiffe auf zehn bis 13 Knoten ein – allerdings nur freiwillig

 

«Sogar das Klima würde vom Walschutz profitieren, hat ein Team um den Wirtschaftsanalysten Ralph Chami vom Internationalen Währungsfond IMF vor kurzem herausgefunden: Während seines langen Lebens bindet jeder Großwal durchschnittlich 33 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr in seinem Körper. Wenn die Tiere sterben, sinken sie auf den Grund des Ozeans und entziehen der Atmosphäre das CO₂ auf Jahrhunderte. Ein Baum hingegen absorbiert nur bis zu knapp 20 Kilogramm CO₂ pro Jahr, errechnete Chami.»

 

«Seine Schlussfolgerung: Strenger Walschutz und effektiv verwaltete Meeresschutzgebiete würden die Widerstandsfähigkeit von Meeresorganismen und Ökosystemen gegenüber dem Klimawandel stark erhöhen. Je höher ihr Schutz, desto besser können Organismen und Ökosysteme mit dem Klimawandel fertig werden und weiterhin produktive Fischgründe und andere Ökosystemleistungen bieten.»

 

https://www.riffreporter.de/de/umwelt/wale-mittelmeer-finnwal-pottwal-forschung-pelagos