„Die Frage nämlich, ob die Utopie, die uns die großen Internetgiganten einst versprochen haben – von mehr Demokratie, mehr Teilhabe, mehr Ermächtigung des Einzelnen - inzwischen zu einer großen Dystopie geworden ist. Zu einem Horrorszenario, in dem Facebook, Twitter, Google und Co ein Geschäftsmodell betreiben, das großflächige Manipulationen unser demokratischen Willensbildung geradezu herausfordert und Tür und Tor für böswillige Akteure öffnet, die unsere offenen Gesellschaften beschädigen.“
„Wie subtil die Nutzer manipuliert und bei ihren Ängsten gefasst werden, schilderte Cambridge Analyticas Boss Alexander Nix in einem heimlich aufgezeichneten Gespräch mit Undercoverreportern des TV-Senders Channel 4. ‚Wir geben Informationen in den Blutstrom des Internets und sehen dann zu, wie sie wachsen, wir geben ihnen hin- und wieder einen kleinen Schups und sehen dann zu, wie es Form erlangt‘, sagte Nix. ‚Und so infiltriert dieses Zeug die Online-Gemeinde, aber ohne einen Markennamen, dadurch bleibt der Urheber unbekannt und es ist nicht zurückverfolgbar.‘“
„Aber letztlich handelt es sich um ein grundsätzliches Problem des Geschäftsmodells sozialer Netzwerke: Sie machen ihr Geld damit, uns auszuspähen und Profile von uns zu erstellen, um dann unsere Aufmerksamkeit an Weber, politische Akteure und andere zu verkaufen.“
„Die bekommen so die Möglichkeit, uns gezielt und subtil zu beeinflussen. Ob für Shampoo, Autos oder Parteien ist vollkommen egal. Politische Botschaften sind nur eine Ware wie jede andere, und der Bürger ist als Wähler den gleichen Manipulationsversuchen ausgesetzt wie als Konsument.“
„Die Internettitanen müssen endlich realisieren, dass ihre Geschäftspraktiken zu einer Gefahr für unsere offenen Gesellschaften geworden sind. Das mag angesichts des Sendungsbewusstseins, das Silicon Valley gerne an den Tag legt, schwierig sein. Aber wir müssen unsere Demokratien effektiver schützen gegen die Obskurantisten, gegen die Verschwörungstheoretiker, gegen die Feinde der offenen Gesellschaft und gegen die Autokraten da draußen, die unser Gesellschaftssystem erodieren sehen wollen, um ihre Diktaturen vor den Aspirationen der eigenen Bürger zu schützen.“
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