DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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Newsletter ProVegan: Ausgabe 23/2022

«Rindfleisch müsste eigentlich fünfmal so teuer sein»

«Der Konsum und die Produktion von Lebensmitteln in Deutschland und weltweit sind nicht nachhaltig. Die Preise für Lebensmittel spiegeln bei Weitem nicht die enormen Kosten für Umwelt, Klima und Gesundheit wider, die vor allem der exzessive Konsum von Fleisch verursacht. Die Preise für Fleisch und Milchprodukte werden daher unweigerlich deutlich steigen, und Menschen werden ihre Ernährung grundlegend umstellen müssen. Die gute Nachricht ist jedoch: Eine solche Transformation der Ernährung würde nicht nur Klima, Umwelt und Gesundheit schützen, sondern auch die Preise für die Grundversorgung wieder reduzieren und sozialer gestalten helfen – wenn Politik und Wirtschaft die richtigen Lehren ziehen.»

«Die Produktion von tierischen Lebensmitteln erfordert im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln eine sehr viel höhere Intensität von Land und anderen Rohstoffen wie Wasser. Die Hälfte der nutzbaren Landfläche unseres Planeten (und auch Deutschlands) wird für die Landwirtschaft genutzt. Davon benötigt allein die Fleischproduktion wiederum 77 Prozent, obwohl diese für nur 18 Prozent der Kalorien, also der von Menschen über Lebensmittel aufgenommenen Energie, steht. Die Nahrungsmittelproduktion verursacht weltweit ein Viertel aller Treibhausgase – das ist so viel wie der gesamte Verkehr von Autos, Flugzeugen und Zügen.»

«Eine Studie der Boston Consulting Group zeigt, dass die Landwirtschaft in Deutschland jedes Jahr eine Wertschöpfung von 21 Milliarden Euro generiert, das entspricht 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Gleichzeitig verursacht sie sogenannte externe Kosten, die sich nicht in den Preisen widerspiegeln, von knapp 100 Milliarden Euro pro Jahr. Dazu gehören etwa Umwelt- und Klimabelastungen und der Verlust von Biodiversität.»

«Die ökonomische und auch ethische Logik einer jeden Marktwirtschaft ist es, dass Preise auch alle Kosten vollständig widerspiegeln sollten. Nur so können knappe Ressourcen – wie Land, Natur, Arbeitskräfte und Kapital – ökonomisch sinnvoll und nachhaltig verteilt werden.»

«Denn die externen Kosten sind nicht hypothetisch, sondern sie werden von Menschen bezahlt, nur nicht von denen, die diese Kosten verursachen. Es sind vor allem unsere Kinder und Enkelkinder, die diese Kosten unseres Verhaltens heute bezahlen müssen. Denn sie müssen mit dem Schaden an Klima und Umwelt und dem Verlust der Biodiversität – die häufig permanent und irreparabel sind – leben.»

«Die gute Nachricht: Eine Ernährungsumstellung leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Klima, Umwelt und Gesundheit. Sondern sie dürfte die Kosten für die meisten pflanzlichen Lebensmittel und damit die Kosten der gesamten Grundversorgung durch Lebensmittel reduzieren helfen. Denn eine solche Umstellung würde den globalen Bedarf an Land, Wasser und anderen Rohstoffen deutlich verringern und einen großen Teil der pflanzlichen Produktion, die jetzt für Tiere vorgesehen ist, für Menschen verfügbar machen.»

«Pflanzliche Produkte würden tendenziell günstiger und tierische Produkte deutlich teurer werden. Eine ausreichend starke Verlagerung des Konsums hin zu pflanzlichen Lebensmitteln könnte also die Kosten für Nahrungsmittel recht stabil halten oder zumindest den Preisanstieg deutlich begrenzen.»

«Ein deutlicher Anstieg der Preise für Fleisch und Milchprodukte ist unvermeidbar und auch notwendig. Statt höhere Fleischpreise zu verteufeln, sollte sich die Politik für einen Richtungswechsel in der Landwirtschaftspolitik einsetzen und mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher sicherstellen.»

Anmerkung: Auch wenn es ein erstaunlich guter Artikel ist, so sage nicht nur ich genau das schon seit Jahrzehnten. Da wir in einer Kakistokratie leben, haben die Forderungen Fratschers keine Chance. Eine Korrektur sei auch angemerkt: Nicht die Nahrungsmittelproduktion verursacht weltweit ein Viertel aller Treibhausgase, sondern die Erzeugung der Tierprodukte allein verursacht laut einer Studie des WorldWatch Institute mindestens 51 % aller Treibhausgase weltweit.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-06/lebensmittelpreise-inflation-fleisch-landwirtschaft/komplettansicht